Alt-Texte – Wenn der Screenreader nur „Bild“ sagt

Ein alternativer Text – alt-Text – ist für Nutzer von Screenreadern die einzige Möglichkeit ein Bild zu sehen. Ärgerlich, wenn er an entscheidender Stelle fehlt oder unzureichend ist. Bilder ohne beschreibende Alternativtexte werden schlicht mit „Bild“ oder „picture“ wiedergegeben. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BSFG) macht es jetzt zur Sorgfaltspflicht inhaltstragende Bilder mit alt-Texten zu beschreiben, wobei nicht nur der Inhalt, sondern vor allem der Zweck des Bildes beachtet werden soll. 

Schauen wir uns im Rahmen einer fiktiven Story ein praxisnahes Beispiel an! Dieser Beitrag soll zum Nachdenken über digitale Teilhabe anregen. 

Warum echte Barrierefreiheit mehr ist als ein Häkchen im Gesetz

Laura ist blind. Bei einer Ausstellung erlebt sie Kunst auf ihre Weise – mit Audiobegleitung, die Farben, Formen und Stimmungen beschreibt. Sie ist beeindruckt, inspiriert, berührt.

Ein paar Tage später besucht sie die Website der Galerie, wie zum Beispiel diese, um sich die Werke noch einmal „anzusehen“. Sie nutzt ihren Screenreader, doch was sie hört, ist nur: „Bild.“„Bild.“„Seestadt. Bild.“

Kein Inhalt, keine Beschreibung. Die digitale Galerie bleibt für sie verschlossen.

Bleiben wir bei dem Beispiel „Seestadt“. Das Bild ist auf dieser Unterseite über die Galerie verlinkt und es hat dort folgenden Alternativtext (HTML Wiedergabe stark vereinfacht):

				
					<noscript><img src"#" alt="Seestadt"></noscript><img class="lazyload" src"#" alt="Seestadt">
				
			

Diese Angabe ist in mehrfacher Hinsicht nicht barrierefrei: 

  • zu schlagwortartig, um eine Vorstellung vom Werk zu erhalten. 
  • zu unpersönlich, wenn man bedenkt, dass ein Künstler sich viel dabei gedacht hat.
  • zu wenig Aussagekraft, wenn es da nicht eine sichtbare Beschreibung auf der Unterseite gäbe… Da steht:

 

Austrian Real Estate, Seestadt, Wien
Artist: PerkUp

2022

Die Geschichte dieses Wiener Stadtteils war die In­ spiration zu dieser vollflächigen Fassadengestaltung in der Seestadt Aspern. Diese Zeitreise spiegelt sich in der Gestaltung wieder: Pixelbasierte und digitale Grafiken kontrastieren ältere Gestaltungstechniken wie Holzschnitt oder Kupferstich, inhaltlich wird die Identität der Seestadt damals wie heute aufgegriffen.
Quell-Link

Mehr Text-Informationen sind nicht zu finden. Daher stellt sich die Frage, ob es sehbehinderten Nutzern überhaupt zugemutet werden muss, diese Informationen extra aufzurufen.

Wir meinen, dass in diesem Fall, in dem es nicht mehr Text zum Bild gibt, der Text auch als alt-Text übernommen werden sollte:  

				
					<noscript><img src"#" alt="Seestadt von PerkUp, 2022: Die Geschichte dieses Wiener Stadtteils war die In­spiration zu dieser vollflächigen Fassadengestaltung in der Seestadt Aspern. Diese Zeitreise spiegelt sich in der Gestaltung wieder: Pixelbasierte und digitale Grafiken kontrastieren ältere Gestaltungstechniken wie Holzschnitt oder Kupferstich, inhaltlich wird die Identität der Seestadt damals wie heute aufgegriffen. - Bildlink zur Detailseite enthält keine zusätzlichen Informationen.  "></noscript><img class="lazyload" src"#" alt="Seestadt von PerkUp, 2022: Die Geschichte dieses Wiener Stadtteils war die In­spiration zu dieser vollflächigen Fassadengestaltung in der Seestadt Aspern. Diese Zeitreise spiegelt sich in der Gestaltung wieder: Pixelbasierte und digitale Grafiken kontrastieren ältere Gestaltungstechniken wie Holzschnitt oder Kupferstich, inhaltlich wird die Identität der Seestadt damals wie heute aufgegriffen. - Bildlink zur Detailseite enthält keine zusätzlichen Informationen.  ">
				
			

Warum ist gerade dieser alt-Tag barrierefrei?

  • Weil unter den gegebenen Informationen, und ohne Kunstkenner zu sein, gibt dieser Alternativtext den vollständigen inhaltlichen Wert des Bildes wieder
  • Weil digitale Teilhabe ermöglicht wird, soweit möglich
  • Weil unnötige Seitenaufrufe dem Nutzer erspart werden
  • Weil der Linkzweck des Bildes dennoch erläutert wird. 

Der Alternativtext auf  der Galerieseite darf sogar noch ausführlicher und beschreibender ausfallen, um mehr bildliche Informationen zu vermitteln. 

Nach BSFG allerdings auch korrekt, aber nicht besser!

				
					<noscript><img src"#" alt="Seestadt – Bildbeschreibung auf Detailseite ansehen"></noscript><img class="lazyload" src"#" alt="Seestadt – Bildbeschreibung auf Detailseite ansehen">
				
			

Da gemäß BSFG Bilder nach Inhalt und Zweck beschrieben werden sollen, kann man natürlich auch wie in diesem Beispiel rechtskonform verfahren. Denn auf der Detailseite befinden sich ja die Informationen. Und das Galeriebild verlinkt dahin.

Somit ist diese Umsetzung ebenfalls im Einklang mit dem BSFG. 

Allerdings halten wir diesen Alternativtext nicht barrierefrei. 

  • Denn sehbehinderte Menschen haben im Rahmen einer Galerie keine Chance, das Werk zu erfassen.
  • Sie haben erhöhten Aufwand sich die Informationen zu beschaffen, weil Unterseiten aufgerufen werden müssen
  • Bei Kunst ist der Aufwand gerechtfertigt, den Kontext ausführlich zu beschreiben. 

Fazit

Das Beispiel wäre formal in Ordnung, aber wenig nutzerfreundlich. Somit ein Minimalstandard, aber auch nicht mehr.

Die zweite Version erfüllt das Gesetz.
Die erste Version ermöglicht digitale Teilhabe.    

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